Klimatisch Bewegt


Leistbarem Wohnraum auf der Spur

Pilotprojekt „Klimagerechter und nachhaltiger Wohnbau“ in Vorarlberg untersucht die Wirtschaftlichkeit energieeffizienter Projekte

martin-ploss.jpg

Dipl.-Ing. Arch. Martin Ploß, Bereichsleiter am Energieinstitut Vorarlberg für energieeffizientes und ökologisches Bauen: „Besonders wichtig ist es, kostengünstiges Bauen nicht auf die Errichtungskosten zu begrenzen, da diese über die Lebensdauer des Gebäudes nur einen Teil der Gesamtkosten ausmachen.“

(mek) Ein spannendes Pilotprojekt in Vorarlberg forciert ein übertragbares Konzept für den Mehrwohnungsbau der Zukunft. Wesentlichstes Ziel ist es, unter Einbezug sowohl theoretischer Methoden als auch konkreter Ausschreibungen mit Sicherheit jene Variante zu identifizieren, die die niedrigesten Lebenszykluskosten verursacht. Martin Ploß vom renommierten Energieinstitut Vorarlberg stellte „Klimagerechter, Nachhaltiger Wohnbau“ beim April-Netzwerktreffen der IG Passivhaus Tirol vor.

 

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem gemeinnützigen Wohnbauträger VOGEWOSI und der Arbeiterkammer Vorarlberg begleitet das Energieinstitut Vorarlberg ein Neubauprojekt in Feldkirch, bei dem die über den Lebenszyklus des Gebäudes kostenoptimale Ausführungsvariante gefunden werden soll. Das Ziel fasst Dipl.-Ing. Arch. Martin Ploß, Bereichsleiter am Energieinstitut Vorarlberg für energieeffizientes und ökologisches Bauen, zusammen: „Ziel des Projekts ‚KliNaWo‘ ist es, die über die Lebensdauer eines Gebäudes kostenoptimale Variante zu identifizieren und auszuführen. Dazu wurden viele Varianten des Gebäudes im Detail geplant, berechnet und ausgeschrieben. Auf der Basis der Angebotspreise und der Energiebedarfsberechnungen werden die Lebenszykluskosten berechnet. Die kostenoptimale Variante wird dann von der VOGEWOSI errichtet.“

„Ich wünsche mir, dass Architekten Energiekonzepte mehr in ihrer Arbeit verankern. Dazu braucht es kein Hexenwerk und keine 20 Semester Studium.“

Hintergrund der Studie
Mit diesem über mehrere Jahre angelegten Projekt sollen konkrete Ergebnisse und Fakten generiert werden, die hartnäckigen Vorurteilen zu Leibe rücken. Nämlich jenen, dass hocheffiziente Gebäude wie Passivhäuser weder leistbar noch wirtschaftlich zu errichten sind. „Hocheffiziente Gebäude sind in der Errichtung etwas teurer als das herkömmliche – die in den Ausschreibungen ermittelten Mehrkosten der Passivhausvarianten gegenüber Varianten nach den baurechtlichen Mindestanforderungen, liegen zwischen knapp vier und sechs Prozent. Allerdings gilt es, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu betrachten und nicht nur seine Errichtungskosten“, erläutert Ploß.
„Wie das KliNaWo-Projekt zeigt, können die Mehrkosten hocheffizienter Gebäude durch die Energieeinsparung mehr als kom-
pensiert werden. Die niedrigsten Lebenszykluskosten haben die Gebäudevarianten, deren  Primärenergiebedarf dem von Passivhäusern entspricht. Derartige Werte können mit unterschiedlichen Energiekonzepten und in allen vier untersuchten  Konstruktionsarten wirtschaftlich erreicht werden. Idealerweise sollten Gebäude daher immer auf ihre Lebenszykluskosten optimiert werden.“

Zur Ermittlung der kostenoptimalen Variante beim Projekt KliNaWo werden verschiedene Bauarten wie Massiv-, Misch- oder Holzbau untersucht. Aber auch diverse Energiestandards (Mindestanforderungen nach Bau-
technikverordnung, Passivhaus und Nullenergiehaus) und Wärmeversorgungssysteme (Fernwärme, Erdwärme, Gasbrennwert- und Pelletsheizung). Dabei werden neben den Errichtungs- auch die laufenden Energie- und die Wartungskosten betrachtet. Der Betrachtungszeitraum beträgt 50 Jahre, das ist der Standardzeitraum, auf den Gemeinnützige wie die VOGEWOSI die Finanzierung ihrer Projekte auslegen.

Bisheriger Projekt-Ablauf
Errichtet wird ein dreigeschoßiges Mehrfamilienwohnhaus (gemeinnütziger Wohnbau) mit 18 Wohneinheiten und großem Gemeinschaftsraum in Feldkirch/Tosters. Der Spatenstich erfolgte im April 2016. Das Forschungsprojekt wird als Projekt des Comet-Zentrums ALPS in Innsbruck durch die Bundesministerien BMVIT und BMWFW sowie durch das Land Vorarlberg gefördert. Zur Finanzierung des Forschungsaufwands tragen außerdem die VOGEWOSI als Bauherr und die Arbeiterkammer bei. Die Koordination des Forschungsprojekts liegt beim Energieinstitut Vorarlberg.
Das Gebäude wurde von den Architekten Walser und Werle ZT GmbH (Feldkirch) geplant, die Haustechnikplanung verantwortet das Büro eplus (Egg).