Klimatisch Bewegt


Grüner Benzin

Erwin Reisner forscht in Cambridge an der Umwandlung von CO2 in Treibstoff

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Foto: OMV

Der aus Oberösterreich stammende Chemiker Erwin Reisner leitet an der renommierten Universität Cambridge das Christian Doppler-Labor für erneuerbare Synthesegas-Chemie. Derzeit untersucht er mit seinem Team, wie Abgase mithilfe von Sonnenlicht zu Treibstoff umgewandelt werden können.

Was beinahe visionär klingt, daran forschen Sie an der Universität Cambridge. Vereinfacht erklärt: Wie geht dieser Prozess von statten?

Erwin Reisner: Wir versuchen einen Prozess zu entwickeln, bei dem Wasser und das Treibhausgas Kohlendioxid in einen erneuerbaren Treibstoff wie ‚grüner Benzin’ umgewandelt wird. Dieser Prozess benötigt allerdings Energie und diese steht in Form der Sonnenenergie zur Verfügung. Man kann sich das wie eine Photovoltaikanlage vorstellen, aber mit der Produktion eines Treibstoffes anstatt Elektrizität. Dies ermöglicht es uns, die Sonnenergie in der Form eines Treibstoffes zu speichern.

„Die Chemie steht bei der Energiewende im Mittelpunkt.“

Wie weit ist der Forschungsprozess fortgeschritten? Welche nächsten Meilensteine stehen bevor?

Erwin Reisner: Das Projekt steht noch am Anfang und es handelt sich derzeit um Grundlagenwissenschaft. Bis 2019 wollen wir die wichtigsten Prozessdetails gut genug verstehen, um anwendungsorientierte Forschung zu betreiben. Es wird also noch Jahre dauern bis wir mit einem marktreifen Produkt rechnen können. Wir können im Moment kleine Mengen Wasserstoff aus Wasser erzeugen; der nächste Meilenstein ist Kohlendioxide zu aktivieren und in Treibstoffe umzuwandeln.

Ihr Forschungsinteresse als Chemiker hat sich im Laufe Ihrer Karriere zunehmend in Richtung Energieforschung verlagert. Wie kam es dazu, welche Faktoren finden Sie faszinierend und warum?

Erwin Reisner: Es handelt sich beim Thema Energiewende um eine der wichtigsten Fragestellungen und Probleme meiner – sowie vermutlich auch noch der nächsten – Generation. Die Chemie steht dabei im Mittelpunkt. Meine Arbeitsgruppe und ich wollen unseren Teil zu diesem Thema beitragen. Die Breite und Dynamik des Gebiets ist faszinierend – es werden täglich neue Erkenntnisse von der Physik bis zur Biologie kommuniziert und man kann sich wirklich quer durch alle wissenschaftlichen Fächer austoben.

 

Nach beachtlichen Karrierestationen in der internationalen Forschung leiten Sie mittlerweile das Christian Doppler-Labor für erneuerbare Synthesegas-Chemie an der Universität Cambridge. Schwerpunkt Ihrer Forschungen bildet die erneuerbare Energie, besonders die Entwicklung solarer Treibstoffe. Orten Sie in diesem Forschungsfeld aufgrund des Klimawandels dringenden Handlungsbedarf?

Erwin Reisner: Ich sehe sehr dringenden Handlungsbedarf. Da es eigentlich offensichtlich sein sollte, dass wir so ressourcenneutral wie möglich leben müssen, um unseren Planeten nicht zu ruinieren.
Ein erneuerbarer Energiezyklus ist ein ganz wichtiger Bestandteil, welcher auch noch sehr positive geopolitische Konsequenzen nach sich ziehen würde.

 

Verkehr und seine Abgase sind Hauptverursacher der globalen Erderwärmung. Experten bezeichnen die Energiewende als die gesellschaftspolitische Herausforderung in den kommenden Jahrzehnten. Wie kann die Energiewende Ihrer Meinung nach gelingen?

Erwin Reisner: Mit besser koordinierten, längerfristiger angelegten und viel größeren Investitionen. Es wird jetzt mit Hochdruck versucht, die Energiewende in kurzer Zeit zu erzwingen, aber oft sind die etablierten Technologien keine guten Lösungen. Ein Beispiel ist CCS (Carbon Capture and Sequestration), wobei Kohlendioxid in den Boden gepumpt wird. Dies kostet nicht nur Unmengen an Energie (welche ja wieder von fossilen Energieträgern produziert wird und noch mehr CO2 produziert) und es ist auch nicht klar, was das Kohlendioxid im Boden auslösen wird. Wäre es nicht intelligenter das Kohlendioxid direkt wieder in einen erneuerbaren Treibstoff überzuführen? Mit besserer Finanzierung für die Grundlagenforschung könnte dies durchaus bald Realität werden.

 

Der Passivhausstandard verbessert die Energiebilanz von Gebäuden erheblich – die EU forciert mit gesetzlichen Vorgaben wie den Nearly Zero Energy Buildings Fortschritte in diesem Segment. Für Sie der richtige Weg?

Erwin Reisner: Ja, da die Isolierung kurzfristig zur Reduktion des Energieverbrauchs führt. Es ist aber wichtig, darauf zu achten, dass die Dämmmaterialien recycelt und ressourcenschonend produziert werden können.

 

Ihr Ansatz zur Verwertung von CO2 als umweltfreundlicher Treibstoff gilt momentan als eine der zukunftsträchtigsten Technologien auf dem Energiesektor und könnte schon in wenigen Jahren maßgeblich zu einer Energiewende beitragen. Sind Hersteller und Kunden überhaupt schon bereit für dieses neue „Produkt“?

Erwin Reisner: Der Konsument ist dafür bereit, da sich seine Routine und Gewohnheiten nicht ändern müssten – unser Ziel ist die existierende Infrastruktur direkt zu nutzen. Die Technologie ist allerdings noch nicht reif genug; es wird noch viel Forschungsarbeit benötigen um diese Vision zu realisieren.