Klimatisch Bewegt


Engagement für den KLIMASCHUTZ

Der Klimabotschafter Aksel Lund Svindal beteiligt sich an zahlreichen Umwelt-Projekten

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Foto: Marcus Valeur

Er ist einer der größten Skifahrer aller Zeiten. Zwei Olympiasiege und fünf Weltmeistertitel sind nur ein kleiner Auszug seiner langen Liste an Erfolgen. Nun engagiert sich der Norweger Aksel Lund Svindal beispielhaft für den Klimaschutz – dabei hat er unter anderem ein nachhaltiges Modelabel entwickelt oder ein T-Shirt, das sich selbst kompostiert. Nebenbei ist er Investor bei „Made of Air“, einer Technologie, die das Kohlenstoffbindungspotenzial von Biomasse in eine neue Ressource umwandelt. Offen und ohne sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen kritisiert er die Tourismus- und Freizeitindustrie.

Sie sind vor einigen Jahren Klimabotschafter geworden, können Sie uns erklären, warum Ihnen der Klimaschutz so wichtig ist?
Aksel Lund Svindal:
Ich bin in der Natur groß geworden, sie ist Teil meiner DNA. Der Klimaschutz ist die zentrale Frage unserer Generation. Wenn wir diesen Planeten für nachfolgende Generationen weiter lebenswert gestalten wollen, müssen wir drastische Schritte einleiten und komplett umdenken. Dazu gehört erst einmal der Umstieg auf erneuerbare Energien – und zwar auf globaler Ebene! Hier sind Politik und Industrie weltweit gefragt, aber auch jeder einzelne von uns kann zum Klimaschutz beitragen.


Sie haben in der Vergangenheit ein eigenes nachhaltiges Modelabel vorgestellt, bei dem ausschließlich Pflanzenfasern verarbeitet werden. Warum ist das für die Branche wichtig?
Aksel Lund Svindal:
Die Bekleidungsindustrie gehört leider zu den größten Umweltsündern über-haupt. Die Textilindustrie allein verursacht jährlich 1,2 Milliarden Tonnen CO2, das ist mehr als der internationale Flugverkehr und die Kreuzschifffahrt zusammen und ist für fünf Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Bei der Herstellung von nur einem einzigen Baumwoll-T-Shirt werden umgerechnet 2500 Liter Wasser oder mehr verbraucht. Daher brauchen wir dringend Alternativen – die Entwicklung und Verwendung von nachhaltigen Materialien und Fasern spielt dabei eine zentrale Rolle. Und ich wollte andere Hersteller dazu animieren, ebenfalls nachhaltig zu produzieren. 
 

Sie haben auch einmal beim R20 Austrian World Summit ein T-Shirt vorgestellt, das sich selbst recycelt. Wie funktioniert das?
Aksel Lund Svindal:
Der richtige Begriff wäre eigentlich „sich selbst kompostiert“. Klingt erstmal außergewöhnlich, ist aber relativ einfach: Das Shirt wird aus pflanzlichen Tencel-Fasern hergestellt, diese werden wiederum aus Holz gewonnen. Die Faserherstellung selbst ist aufgrund eines geschlossenen Kreislaufes deutlich nachhaltiger als etwa Baumwolle, da es im Anbau sehr viel weniger Wasser verbraucht und nicht mit dem Nahrungsmittelanbau konkurriert. Es trägt sich wie ein T-Shirt aus Baumwolle, die Haptik ist dabei noch feiner und weicher. Wie bei anderen kompostierbaren Elementen beginnt bei dem Shirt der Zersetzungsprozess erst, wenn es mit den Bakterienkulturen eines Gartenkomposts in Berührung kommt. Der Zersetzungsprozess dauert dann je nach Witterung und Umwelteinflüssen rund 6-12 Monate.

DER KLIMASCHUTZ IST DIE ZENTRALE FRAGE UNSERER GENERATION.

In Zusammenarbeit mit „Sweet Protection“ haben Sie eine Skibekleidungskollektion entworfen. Wurde dabei auch an den Umweltschutz gedacht?
Aksel Lund Svindal:
Ja, das Thema ist mir offensichtlich sehr wichtig, aber bei Skibekleidung ist es leider nicht ganz so einfach, komplett nachhaltig zu produzieren. Aber wir haben überall, wo es möglich war, auf nachhaltige Materialien gesetzt. Unsere Reißverschlüsse sind zB. aus recyceltem Material gemacht. Die Nähte bestehen nicht aus Kunststoff, sondern aus besagtem Tencel. Um den Performance-Eigenschaften unserer Skibekleidung gerecht zu werden, nutzen wir immer die besten Optionen, die der Markt derzeit bietet. Wir wollen jemand sein, der die Industrie in die richtige Richtung lenkt, denn je mehr Kunden bei den Lieferanten nach recycelten Rohstoffen nachfragen, desto mehr müssen die Produzenten schauen, diese nachhaltigen Dinge zu liefern. Wir haben in Sachen Ressourcenschonung die Grenzen des Machbaren ausgelotet. Uns ist vor allem auch die Langlebigkeit der Produkte wichtig. Wir versuchen nicht, dem Konsumenten jede Saison etwas Neues zu verkaufen, sondern messen der Lebensdauer des Kleidungsstücks eine besondere Bedeutung zu. Denn jedes Produkt, das nicht gekauft und damit produziert werden muss, trägt maßgeblich zum Umweltschutz bei.
 

Sie haben einmal gesagt: „Das Klima ist ein Problem – egal, was man auf der Welt macht. Beim Skifahren merkt man das Ausmaß sofort. Jeder muss mitmachen und die richtigen Entscheidungen treffen. Der Umwelt zuliebe.“ Haben Sie Tipps parat, wie die Tourismus- oder Sportbranche besser bzw. umweltfreundlicher werden kann? Und wie können wir als Einzelne helfen?
Aksel Lund Svindal:
Die Sport- und Outdoorindustrie hat in den letzten Jahren in Bezug auf Nachhaltigkeit große Schritte gemacht. Wo möglich, werden nur noch nachhaltige Materialien eingesetzt. Es war immer schon eine innovative und progressive Branche und sie wird weiterhin mit gutem Beispiel vorangehen. Der Massentourismus in den Skigebieten jedoch ist problematisch zu betrachten. Hier sind auch die Tourismusverbände und Seilbahnbetreiber gefragt. Selbstverständlich verstehe ich die damit verbundenen, wirtschaftlichen Parameter, aber man muss maßvoller mit den natürlichen Ressourcen umgehen. Das Skifahren darf nicht zur „alpinen Party“ verkommen. Die künstliche Beschneiung von Skipisten im Oktober hilft auf lange Sicht niemandem. Es verbraucht zu viel Energie und unzählbare Mengen an Wasser.

Als leidenschaftliche Skifahrer sollten wir uns daher Gedanken machen, wie wir das schützen können, was wir lieben. Wie können wir uns in unserem soziokulturellen Umfeld der Berg- und Skikultur verantwortungsbewusst verhalten? Es wird immer ein Für und Wider bleiben. Aber es gibt dennoch viele Möglichkeiten, wie wir unseren Sport nachhaltiger betreiben können: Das Auto bei der Anreise teilen oder am besten gleich mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Denn 75% des CO2-Ausstoßes im Rahmen eines einwöchigen Skiurlaubs entfallen auf die An- und Abreise. Wir sollten vor Ort in den Alpen oder Skandinavien Skifahren gehen und nicht in Japan oder Amerika. Es gibt nun erste nachhaltige Skigebiete, ressourcenschonende, zertifizierte Hotels und Pensionen. Der Verzicht auf Lifte gehört ebenfalls dazu. Es muss auf einen dezentralen, kleiner ausgelegten Tourismus hinauslaufen, der nicht nur die Massen und den Profit im Auge hat, sondern umwelt- und sozialverträglich agiert.

Wir müssen zurück zu den Wurzeln des alpinen Wintersports. So wie es vor 90 Jahren war, vor den ersten Liften. Ein Tourismus, der die Alpen als Erlebnis- und Kulturraum entdeckt. Wo man sich aus eigener Kraft körperlich bewegt und die Berge mit allen Sinnen erlebt.


Sie sind auch als ein sehr aktiver Investor bekannt. Wir wissen, dass Sie in das deutsche Start-up „Made of Air“ investiert haben – wofür steht dieses Unternehmen?
Aksel Lund Svindal:
Das Hauptziel von „Made of Air“ ist es, den Klimawandel umzukehren. Dazu haben sie eine Technologie entwickelt, die das Kohlenstoffbindungspotenzial von Biomasse in eine neue materielle Ressource umwandelt – damit werden Waren hergestellt, die sich in Kohlenstoffsenken verwandeln. Genauer gesagt, werden Holzabfälle wie Sägespäne und Hackschnitzel aus der Forstwirtschaft genutzt, um kohlenstoffnegative Materialien oder Thermoplaste herzustellen. Bislang werden diese Abfälle deponiert, vergast oder verbrannt, dabei wird aber das darin gespeicherte CO2 wieder frei gesetzt. „Made of Air“ aber nutzt eine sogenannte Pyrolyse-Technologie, um das im Material enthaltene CO2 zu extrahieren und in einen „elementaren Kohlenstoff“ umzuwandeln. Der Vorteil: In diesem Zustand bleibt es wirklich gebunden und wird nicht zurückverwandelt. Seit der Gründung 2016 hat die Firma bereits viele Tonnen dieser Materialien produziert und beliefert beispielsweise Audi und H&M. Diese Unternehmen werden im Rahmen einer strategischen Partnerschaft dabei unterstützt, die eigenen Lieferketten durch kohlenstoffnegative Materialien zu „dekarbonisieren“. Der Fokus von „Made of Air“ liegt vor allem auf den Bereichen Bau, Mobilität und Konsumgüter. Darüber hinaus wird derzeit daran geforscht, den Pyrolyse-Prozess auch mit anderen pflanzlichen Materialien wie Reishülsen oder Tomatenstielen zu bewerkstelligen. Denn es eignet sich jedes Pflanzenmaterial, das Photosynthese betrieben hat.


Können Sie uns einen kleinen Einblick in Ihr Leben nach Ihrer aktiven Skikarriere, sozusagen im „Ski-Ruhestand“, gewähren?
Aksel Lund Svindal:
Von Ruhestand kann keine Rede sein, ich bin nur kein aktiver Rennläufer mehr. Ich bin weiterhin viel unterwegs, denn ich habe als Markenbotschafter für u.a. Head, Sweet Protection und Porsche viel zu tun. In meiner Freizeit versuche ich mich fit zu halten, bin viel in der Natur, treibe ständig Sport. Aber ich habe nun etwas mehr Zeit für meine Freundin, die Familie und meinen Hund. Das genieße ich Tag für Tag, denn Zeit ist neben einer intakten Umwelt das kostbarste Gut, dass wir als Menschen haben.